Das Hormonsystem der Frau ist ein einzigartiges System, welches die Frau im Verlauf ihres Lebens optimal ins Alter und in die Weisheit führt. Es ist ein göttliches Geschenk. Lasst es uns benennen, um uns wieder daran zu erinnern!
Das Leben selber bietet uns Frauen in den verschiedenen Abschnitten Möglichkeiten, Erfahrungen zu sammeln, die uns für die folgenden Phasen befähigen. Wir müssen nicht aktiv etwas dazu tun. Es ist das Leben selber, welches uns leitet. So dienen alle Altersstufen der Entwicklung des Menschen und immer ist es in erster Linie unser Körper, der uns für die Lebenserfahrungen parat macht, uns dadurch begleitet und trägt. Er ist unser treuster Begleiter. Ihm sind wir zu tiefstem Dank und Würdigung verpflichtet. Denn er ist weiser, als es unser Denken je vermag.
Ich hole etwas aus, um auch den Anfängen und der Natur Platz zu geben:
Nicht immer haben Menschen in Kleinfamilien zusammengelebt, wie wir es heute tun. Vor ein paar tausend Jahren waren die Gemeinschaften anders organisiert. Die Frauen als Schöpferinnen des Lebens waren Respektpersonen. Männer waren zwar wichtige Beschützer und Mitwirkende an der Gemeinschaft, aber nicht als Erzeuger und Vater im heutigen Sinne. Sie haben bei der Erziehung der Kinder mitgewirkt, aber das mussten nicht ihre genetisch eigenen Söhne und Töchter sein. Sexualität wurde offener gelebt. Die Frauen haben sich die Männer ausgesucht. Dazu boten verschieden Feste Anlass. Die meisten feiern wir heute noch, nur unter einer anderen Bedeutung, wie z. B. Ostern. Frauen haben einen guten Instinkt oder Geruchsinn. Sie wählen für die Fortpflanzung vielleicht einen anderen Mann, als für die Aufzucht der Kinder und lebenslange Beziehung. Wenn sie instinktiv wählen, entscheidet eine natürliche Instanz mit und diese entscheidet sich für das best-passendste Erbgut, sowie es die Eizelle unter den vielen Spermien auch tut. Diese wählt das Spermium aus. Es war damals nicht Zufall, die Fruchtbarkeit den Jahreszeiten unterzuordnen und eben so wenig, dass die Frauen die Männer aussuchen konnten. Wie die Tiere, haben auch wir Menschen eine innewohnende Biologie, die die richtige Zeit für die Dinge weiss. Gerade die Frauen mit ihrem Zyklus wussten um diese körperliche Verbundenheit mit der Natur. Sie waren miteinander und mit dem Mondzyklus verbunden. Damit konnten sie auch sinnbildlich in sich Fülle und Leere beobachten. Obwohl Leere nicht als Mangel betrachtet wurde und soll, sondern als Platz, um Neuem Raum zu geben. Heute können wir beobachten, dass Frauen, die im gleichen Haus zusammenleben, ihre Menstruation synchronisieren. Wenn wir im direkten Kontakt mit der Erde schlafen, uns dem natürlichen Licht aussetzen (das heisst in der Nacht dunkel und am Tag Sonnenlicht und nicht Computer, TV-, und Lampenlichter), kann sich unser Zyklus auch wieder mit dem Mond verbinden. Auch die vielen hormonhaltigen Präparate oder starke Kopfarbeit hemmen in der Frau die weilblichen Zugänge, wie Intuition, Hingabe und Spiritualität.
Als Kind und Tochter dürfen wir in der Regel Vertrauen in die Welt und in uns erfahren. Wir werden geliebt und erfahren Angenommen-Sein, Akzeptanz, Wertschätzung und Sinnhaftigkeit. Als junge Frau zeigen sich die Hormone. Es ist eine vulnerable Zeit, in der die junge Frau geschützt und behütet werden sollte. Die Menstruation ist eine Reinigung für den Körper und auch für die Psyche. Wir lassen Altes los, damit Neues entstehen kann. In dieser Zeit werden wir Frauen müder, langsamer, introvertierter und offener für das Wahre in uns, für unsere tiefsten Wünsche und Sehnsüchte. Wir Frauen kriegen damit die Gelegenheit, uns immer wieder mit unserer Berufung in dieser Welt zu verbinden, uns neu auszurichten und zu orientieren. Die Menstruation erinnert uns mit ihrem zyklischen Erscheinen an unsere Verbindung mit dem Himmel, dem Mond und den Sternen. So ist unsere Gebärmutter ein Ort, der mit den Himmelskörpern verbunden ist. In der Schöpfungsphase einer Schwangerschaft ist sie sozusagen ein heiliger Ort. Die Blutung der Menstruation kann wie eine Verbindung von Himmel und Erde sein. Der Himmel grüsst und ehrt die Erde mit Lebenssaft. Und wenn wir bedenken, wie die Erde uns erhält und nährt, ist es ein schöner Gedanke, ihr etwas von uns als Zeichen der Dankbarkeit zu opfern. Wenn wir dazu auch unseren Körper als etwas Heiliges betrachten, der dieses Blutritual monatlich zulässt, ohne dass wir Schaden nehmen - im Gegenteil - können wir etwas von dem Zauber und der Kraft erahnen, die die Menstruation in früheren oder uns fremden Kulturen gehabt haben muss. Frauen galten als heilig und mächtig. In ihnen vollbrachte sich Schöpfung und sie hatten die Fähigkeit zu bluten und der Erde ohne Verletzung ein Opfer zu bringen. Das machte die Männer neidisch. Sie erfanden eigenen Blutrituale oder Blutspiele, die bis zum Krieg führten. Und sie erniedrigten die weiblichen Qualitäten, so lange, bis es ihnen gelang, dass wir Frauen es ihnen glaubten und so verinnerlicht hatten, dass wir selber unsere Kraft vergessen haben. Die Menstruation will uns an unsere wahre Natur erinnern: wo wir herkommen, wo wir hinwollen, was uns nährt und gut tut. Unser Schoss-Raum ist unsere Mitte. Es ist gut, ihn zu bewohnen und sich darin wohl zu fühlen, ihn zu ehren und zu pflegen. So wie auch unserer Brüste mehr sind als nur Sexualmerkmale und Gefahrenherde für Krebs. Sie beschützen und zieren unser Herz, welches sich immer wieder geduldig, mutig und empathisch für das Leben einsetzt. Beim Stillen sind sie Ausdruck unseres inneren Zustandes des selber Genährt-, Behütet- und Unterstütz-Seins. Deshalb ist es wichtig, auch die Brüste in die Ehrung der Frau miteinzubeziehen.
Wenn wir die Verwandlung zur Frau abgeschlossen haben, kommen wir mit Neugier in die nächste Phase der Blutschwesternschaft. Wir verbinden uns mit andern jungen Frauen, sind unangepasst, wild und stark. Wir können von einem sicheren Ort aus unsere ersten sexuellen Erfahrungen machen. Niederlagen können in der stärkenden Gemeinschaft der Blutsschwestern aufgefangen werden. Bis wir die Erfahrung der Liebe entdecken. Sie weckt unsere weiblichsten Aspekte in uns. Wir werden ganz Frau, um in der Liebe dem Mann zu begegnen, um darin gemeinsam die Dualität aufzulösen. Damit lernen wir Frauen die Macht der Liebe kennen und sie nutzen. Die Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft bringt uns Frauen in unsere Blütenzeit. Wir begegnen in dieser Zeit unseren tiefsten Ängsten, sowie unseren stärksten Kräften und Ressourcen. Die Mutterschaft (und damit seien alle grossen Lebensprojekte gemeint) macht uns Frauen weicher, verletzlicher, duldsamer, belastbarer. Mit dieser Erfahrung dehnt sich unser Herz auf unser Umfeld und auf die Menschen um uns aus. Wir helfen ans Licht zu bringen, was verborgen scheint und werden damit im übertragenen Sinne Hebammen. Mit dem Freilegen von Qualitäten bei anderen, folgt auch die eigene Berufung, eine Neuorientierung. Was für Träume lassen sich nach der Kinderzeit verwirklichen? Was haben wir noch nicht gelebt, was gerne in die Welt kommen will? Mit diesem Gedanken rückt vielleicht unsere eigene Vergänglichkeit ins Licht. Alte Verletzungen aus der Kindheit wollen nun geheilt werden. Diese Neuorganisation macht uns frei für eine verantwortungsvolle Aufgabe. Da können wir unsere ganze Kreativität und Kompetenz zeigen und einsetzen.
Die Menopause lässt uns langsamer werden. Sie ermöglicht uns eine neue spirituelle Ausrichtung. Die Hormone verändern sich und was sich in jungen Jahren in der Polarität von Frau und Mann zeigte, fängt nun an, sich auszugleichen. Wir Frauen werden Herrinnen über die weiblichen und männliche Qualitäten in uns. Wir werden damit unbequemer, weil wir die Wahrheit benennen.
Das Alter bringt mit den Erfahrungen die Weisheit und verwandelt diese in Geschichten. Diese können der Welt zum Segen werden, wenn wir sie hören. Der letzte Abschnitt des Lebens bring uns in die Demut, Langsamkeit, Genügsamkeit, Weichheit, Verletzlichkeit, die Kunst Hilfe annehmen zu können und das Los-Lassen. Es hilft uns, uns mit dem Leben zu versöhnen und in den Tod zu gehen. Wir kehren zurück in den Himmel, von wo wir gekommen sind.
Bei allen Stufen und Übergängen des Lebens gibt es Zeiten, die sich nicht zuordnen lassen, wie Krankheit, Krisen, Depression, Unangepasstheit, Scham, ec. Sie charakterisieren die Neuorientierung im Leben. Und natürlich können die Lebensphasen auch anders geordnet sein. Doch wunderbar, wie die Entstehung eines Kindes im Bauch, dürfen wir all die Phasen des Lebens durchwandern, Erfahrungen machen, erleben und etwas von unserem Traum auf diese Erde bringen. Sie helfen uns immer tiefer mit uns selber in Kontakt zu kommen, uns zu lieben und anzunehmen. Die Phasen sind so, dass wir eigentlich nichts tun müssen. Wir werden durch alle Stufen geführt. Die weiblichen Hormone sind uns da ein Wegweiser. Das benenne ich extra, weil ich in meinem Beruf vielen Frauen begegne, die auf ihrem Lebensweg eine andere Erfahrung gemacht haben. Überzeugungen überlagern unsere natürlichen Bedürfnisse, wie Müdigkeit, Rhythmus, Sicherheit, Ernährung, Ausscheidung und Sexualität und verhindern damit einen ungezwungenen Umgang mit uns selber. Wenn die eigenen Bedürfnisse nicht mehr mit den Überzeugungen übereinstimmen, welches wir uns von uns selber machen oder noch schlimmer, wenn wir denken, was andere von uns erwarten, wird der Körper zum Kampfplatz. Er reagiert mit Protest, weil er sich verlassen und alleine fühlt. Unser Körper will geliebt werden, weil er uns dient, täglich, immer, mit allen seinen Möglichkeiten. Er ist uns Heimat und Wohnort. Er will uns in seiner Sprache helfen, zu entspannen, um das Leben in Leichtigkeit zu tanzen. Auch unsere Gefühle, unser Solarplexus, unser Herz, unsere Kreativität und unsere Fantasie wollen uns weiter bringen und beschützen. Nicht dass wir in ihnen gefangen bleiben sollen, sondern dass sie uns helfen. Der Körper hat seine eigene Körperintelligenz. Diese ist weiser als alles, was ich kenne. Auch wenn wir uns fragen, wieso macht der Körper das? Es gibt dahinter immer einen Grund, eine Logik, eine Absicht, auch wenn wir sie nicht oder erst später erkennen können. Wenn wir hungrig oder durstig sind, auf die Toilette müssen, uns müde oder krank fühlen, sollten wir unserem Körper als treuer Wegbegleiter begegnen und ihn ernst nehmen. Auch unseren Gefühlen dürfen wir trauen. Sie sind der Schlüssel zu unseren Bedürfnissen. Der Solarplexus will uns beschützen und zeigt das gerne mit Wut und Abwehr. Das Herz hat die Qualität des Mitgefühls und kennt damit den Weg, Verletzungen zu heilen. Und unsere Fantasie und Kreativität hat die Schönheit des Verstehens inne. Den Körper als eine eigene, lebendige und weise Instanz zu sehen hat mir geholfen, die Physiologie zu verstehen. Alle Organe im Körper haben ihre Aufgabe. Es gibt nichts, was umsonst ist. Jedes Organ will seinen Dienst am Kollektiv Mensch leisten. Und alle Organe können Erfahrungen machen und Gefühle dazu empfinden, speichern und diese bei bester Gelegenheit transformieren. So ist es auch nicht erstaunlich, dass die Zeit um die Geburt herum eine gute Gelegenheit ist, alte Traumata zu transformieren. Die Zeit des Mutter-Seins fordert viele neue Qualitäten, so dass alte Geschichten losgelassen werden müssen. Komische Gefühle, Erbrechen, Durchfall, Tränen die fliessen, Fieber, Schüttelfrost, kalte Körperstellen, Verletzungen oder Entzündungen können Ausdruck davon sein. Der Körper hat eine andere Sprache. Was wir als unangenehm empfinden und so schnell wie möglich los werden wollen, kann dem Körper und dem Menschen helfen sich zu verändern, zu transformieren und zu erneuern. So können Fieber und Schüttelfrost alte Traumata auflösen, eine Entzündung kann eine Selbstregulierung des Körpers sein, wenn z. B. etwas falsch zusammengenäht wurde, eine kalte Körperstellen kann Platz schaffen für ein neues Selbstgefühl und eine Verletzung möchte auf die fehlende Liebe und Anteilnahme hindeuten. Trotz dem unangenehmen Empfinden, die diese Reaktionen mit sich führen, will die Körperintelligenz nur unsere Entwicklung und das Beste für uns. Sie führt uns durchs Leben mit all seinen Stationen und mit den körperlichen Erfahrungen kommen wir zur Reife und Weisheit.
Alles was wir erleben und erfahren, sucht sich einen Sinn in unserem Denken. Wir kommen zur Ruhe, wenn wir etwas verstehen und begreifen. Unsere Körperintelligenz hilft uns Prozesse im Leben in uns und an uns zu erfahren und zu erleben. Sie hilft uns in den Entwicklungsprozessen. Alle Wege, die wir gehen, Gefühlen und Erfahrungen sind mit einer viel tieferen Wahrheit in und um uns verbunden. Und es sind die Hormone, die diesen Zugang ermöglichen. Geniessen wir also das Frau-Sein, geniessen wir unseren Körper anstatt gegen ihn anzukämpfen!
Deshalb ist es mir wichtig, alle Prozesse der sich veränderten Körperlichkeit von Mutter und Kind, die mir in meiner Arbeit als Hebamme begegnen, aus diesem Gedanken heraus zu verstehen. Wenn ich davon ausgehe, dass es nicht einfach Pathologie gibt, sondern dass alle Auffälligkeiten die beste Antwort auf die gegebene Situation sind, also einen Beitrag zur Gesundheit leisten wollen, verändern sich die Erklärungen und die sich daraus ergebenden inneren Bilder.
Von Barbara Stemmler
© Text & Bild
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